Die WordPress.com-Statistik-Elfen fertigten einen Jahresbericht für die Anzahl der BesucherInnen dieses Blogs. Für das Jahr 2013 wurde das Bild der Konzerthalle des Sydney Opernhaus gewählt. „Die Konzerthalle im Sydney Opernhaus fasst 2.700 Personen. Dieses Blog wurde in 2013 etwa 13.000 mal besucht. Wenn es ein Konzert im Sydney Opernhaus wäre, würde es etwa 5 ausverkaufte Aufführungen benötigen um so viele Besucher zu haben, wie dieses Blog.“
Eine Konzerthalle ist ein schönes Bild für die diesjährige Therapiegeschichte:
Seine eigene DirigentIn sein.
Eine Konzerthalle. Ein Orchester. Saiten-, Blas-, Schlag-, Tasteninstrumente. Eine Vielzahl einzelner klingender Teile. Alle zusammen in einem Raum.
Bei den Streichern gibt es Violinen, Bratschen, Kontrabass. Bei den Bläser sind es Trompete, Saxophon, Tuba. Schlaginstrumente: Pauke, Becken, Vibraphon. Nicht zu vergessen Klavier, Flügel und Keybord. Da sind Harfe, Djembe, Cembalo, Hörner, Akkordion, Spinett, Orgel, Bongos, Conga, Gitarre, Oboe, Triangel, Tamburin, Querflöte, Waschbrett, Mandoline, Blockflöte, Posaune, Regenmacher, Ukulele, Castagnetten, Rassel, Schellenkranz.
Jedes einzelne Instrument hat einen festen Platz in einem Orchester. Jeder einzelne Klang ist von Bedeutung. Ob Klassik, Schlager, Pop, Reggae, Jazz oder Rock ’n‘ Roll – auf das Zusammenspiel kommt es an. Gäbe es bei einem klassischen Konzert keine Geige, kein Saxophon bei einer Jazz-Session, keine E-Gitarre bei einem Rock-Konzert – es würde nicht nur etwas fehlen. Es wäre nicht, was es ist.
Nun stellen Sie sich mal vor, die Flöte wollte die erste Geige spielen. Oder das Schlagzeug gibt einen anderen Takt vor. Oder das Klavier spielt Beatles statt Beethoven. Oder das Tambourin ist es leid, auf seinen Einsatz zu warten und beschließt zu streiken. Oder die Posaune will nur mitmachen, wenn die Oboe rausfliegt aus dem Orchester. Oder die Gitarre hat überhaupt keinen Bock bei so einer blöden Gemeinschaftsveranstaltung mitzumachen.
Und was wäre, wenn einzelne Instrumente nicht üben würden. Wenn das Material nicht gepflegt würde. Wenn das Instrument zwar benutzt, aber nicht gewertschätzt würde.
Es braucht wohl nicht viel Phantasie, um sich auszumalen, dass es zumindest nicht rund laufen würde. Hier ein kleines Quietschen. Dort ein Stolperer. Ein einzelner schiefer Ton. Damit ließe sich leben.
Aber was, wenn es nicht möglich ist, die Orchestermitglieder unter einen Hut zu kriegen. Wenn es nicht möglich ist, sich auf einen gemeinsamen Rhythmus zu einigen. Wenn der Widerstreit um Pop oder Jazz, um Adagio (langsam) oder Presto (schnell), um Piano (leise) oder Forte (laut), nicht auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden kann.
Die menschliche Seele ist auch so eine Art Konzerthalle mit einem Orchester, bestehend aus einer Vielzahl von Klangkörpern. Jeder Teil des Seelen-Orchesters ist wichtig. Jeder Anteil hat seine Aufgabe und seine ganz eigene, besondere Bedeutung. Auf nichts kann verzichtet werden.
Schwierige Lebensumstände oder belastende Erfahrungen können dazu führen, dass einzelne Anteile in uns ihren einzigartigen Klang verlieren oder zum Verstummen gebracht werden. Anderen Anteilen wird mehr Raum gegeben, als gut wäre.
Es kann Situationen im Leben gegeben haben, in denen es (lebens-) wichtig war, bestimmte Klangkörper in sich zu ignorieren, zu verleugnen, zwangsweise zu unterdrücken. Andere Klangkörper mussten Aufgaben im Seelen-Orchester übernehmen, für die sie nicht gemacht sind oder die mehr arbeiten müssen, als sie können.
Kopf und Bauch. Herz und Verstand. Eines geht nicht ohne das andere.
Lässt man nur den Kopf entscheiden, bleibt der Bauch leer.
Entscheidet nur der Bauch, kann das ebenso fatale Folgen.
Zwei Seelen, ach, in meiner Brust. „Ich will…“ – „Das tut man nicht…“
Nimmt man sich, ohne Konsequenzen zu bedenken, entstehen ernsthafte Probleme.
Lässt man den inneren Widersacher gewähren, bleibt der Mangel.
Die menschliche Seele besitzt Zartes und Starkes, Leises und Lautes, Schnelles und Langsames, Albernes und Vernünftiges, Verzagtes und Mutiges, Hilfsloses und Kraftvolles, Kindliches und Erwachsenes und noch vieles andere mehr.
Wie ein Orchester, so braucht auch der Mensch eine Instanz, die Bedürfnisse, Gefühle, Verstand und Handeln koordiniert. Eine Instanz, die dafür sorgt, dass jedes Seelen-Instrument seinen Platz im Orchester findet, dass es gespielt und gepflegt wird. Eine Instanz, die auf Bedürfnisse achtet, so gut es geht für Befriedigung sorgt und tröstet, wenn das (gerade) nicht möglich ist. Eine Instanz, die auch die „schrägen Töne“, „Querschießer“ und „Verstummte“ kennenlernen und ihnen mit Respekt begegnet will.
Das menschliche Seelen-Orchester braucht eine DirigentIn, die sich um das innere Wohl und Wehe kümmert, die sich einsetzt für die Entfaltung aller Facetten und Talente und sich nach Kräften um volltönendes Zusammenspiel bemüht, in dem jedes einzelne Seelen-Instrument seinen Fähigkeiten entsprechend sinnvoll, kreativ und erfüllend eingesetzt wird.
Es kann Umstände geben, die es der DirigentIn schwer machen, für ein gut funktionierendes Zusammenwirken des Seelen-Orchesters zu sorgen. Manchmal braucht es dazu dann Unterstützung von außen.
Gestalttherapie könnte als eine Art Coach für die DirigentIn verstanden werden, um zu lernen, sich besser um sich (und damit auch um innere Anteile) zu kümmern und alle vorhandene Fähigkeiten (auch die vielleicht noch verschütteten) besser nutzbar zu machen, damit gute Entscheidungen für sich selbst getroffen werden können. Die GestalttherapeutIn könnte als eine Art Übersetzerin oder VermittlerIn verstanden werden, die den inneren Seelen-Instrumenten hilft, bei der DirigentIn Gehör zu finden und von ihr verstanden zu werden. Damit das aus dem Takt geratene Seelen-Orchester zu einem eingespielten Orchester wird, das sowohl nach Noten musizieren als auch improvisieren kann.
Traumatherapie könnte, um im Bild zu bleiben, als eine Art spezialisierter Coach fungieren, um der DirigentIn zu helfen, Ordnung in das Chaos zu bringen, Zersplittertes aufzusammeln und zu einem wunderschönen Mosaik zusammenzufügen. Damit sich das erschütterte Seelen-Orchester zu einem gut funktionierendes Orchester entwickeln kann, das respekt- und liebevoll mit sich umgeht und gemeinsam für Wohlklang sorgt.
Um zu werden, was man ist:
Ein Mensch mit vielen Facetten, Fähigkeiten und Talenten.
Ein Mensch, der alle vorhandenen Möglichkeiten bestmöglich nutzen und selbstbestimmt leben kann.
Seine eigene DirigentIn sein. DirigentIn des eigenen Lebens.
Denn: Das Ganze ist mehr als die Summe der Einzelteile.
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